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Tomb Raider

-- Babe-a-licious! --

Szene aus Tomb Raider

Info über Tomb Raider (USA 2001)

Regie: Simon West

Darsteller: Angelina Jolie, Jon Voight, Iain Glen, Daniel Craig, Noah Taylor, Leslie Phillips

Inhalt: Die Abenteuer-Archäologin Lara Croft wirft sich in die Brust, um die Welt zu retten.

Kritik: Die Videospielverfilmung, der letzte unbezwungene Everest Hollywoods! Wie in sinnvolle Bilder, eine nachvollziehbare Geschichte und glaubwürdige Charaktere packen, was auch auf den zweiten Blick noch allzu abstrus wirkt: korpulente italienische Klempner in Latzhosen, die mutierte Schildkröten bekämpfen, um keusche Prinzessinnen zu befreien; Frauen, Männer und Monster aus aller Herren Länder, die sich ohne Grund gegenseitig verprügeln; und adelige englische Archäologinnen mit den Kurven eines Models, der Reaktionsschnelligkeit eines Panthers und der Bildung eines Livingstone, die, statt standesgemäß zu heiraten, lieber in verlorenen Tälern Tyrannosaurier umlegen. Für die titanische Aufgabe, aus einem beliebten Spiel einen ebenso beliebten Film zu machen, scheint Simon West, der Macher des Feinripp-Spektakels Con Air, denkbar ungeeignet - und dennoch hat er es, man weiß gar nicht so recht wie, geschafft, der elektronischen Ikone Lara Croft auf sympathische Weise nicht ganz überzeugendes, aber doch vergnügliches Leben einzuhauchen.

Neben Popcorn und Blubberlutsch sollte der geneigte Zuschauer allerdings auch etwas Toleranz für Tomb Raider mit in den Saal bringen. Diesen Film unter der Lupe zu betrachten, hieße, mit der virtuellen Lara so nah an die zarten grünen Ranken ranzugehen, bis diese und der Spielspaß sich in unförmige Polygone auflösten: außer einem Jon Voight auf Autopilot verhalten sich die Schauspieler so, als fehle die Rechenkapazität, um ihnen mehr als zwei Gesichtsausdrücke und eine Dimension zu spendieren, die Dialoge könnten direkt aus einer in Aserbaidschan übersetzten chinesischen Spielanleitung stammen, und die Story vermengt die fragwürdige Illuminatenlegende mit Anleihen schlechter Animationen aus Blade, Indiana-Jones-Höllenmaschinen, einer verquasten (und zum Glück nur angedeuteten) Liebesgeschichte, planetengroßen logischen Löchern und einer tränenreichen Vater-wo-bist-Du-Kiste zu einem abenteuerlichen, aber von groben Peinlichkeiten glücklicherweise freien Konstrukt. Immerhin kann man jenen Kritikern, die Angelina Jolie schauspielerische Brillanz (lies: famose Brüste) unterstellten, auch dann zustimmen, wenn ihre vollen Lippen einen der sonderbaren Sätze sprechen müssen, von denen das Drehbuch wimmelt wie ein Schwarm roter Ameisen im Brusthaar.

Und damit sind wir, merkwürdige Überleitungen sind des Kritikers Stolz, auch schon beim garantiert ameisenlosen Werk von Angelina Jolies Chirurgen, das im Verein mit ihrem konturierten Gesicht, ihren angeklebten Haarteilen, ihren knappen Hotpants und ihren Holstern eine verblüffend ideale Besetzung der Cyberlady Croft ergibt. Eine augenzwinkernde Duschszene fehlt ebensowenig wie athletische Kletterakrobatik, behende Salti, gelenkige Tritte und beidhändige Ballerei aus Waffen, die mit ausgestrecktem Arm abzufeuern selbst Schwarzenegger in seinen besten Tagen nicht gelungen wäre. Wie Tom Cruise in Mission: Impossible II kümmert sich auch Lara Croft auf ihrem Motorrad nicht richtig um die Gesetze der Physik, aber während Ersterer tatsächlich ernst nimmt, was er da vorführt, nietet Angelina Jolie mit sichtlichem Spaß an der Sache und einem ironischen Lächeln auf den Lippen einen natürlich ständig danebenschießenden Thug um, indem sie ihn, auf dem Vorderrad schlitternd, mit dem in die Luft gehobenen Hinterrad niederschlägt. Später plättet sie eine vierschwertige Inkarnation Vishnus und hangelt über schwebende Balken und gefährliche Zahnräder, wobei sie noch unzähligen Explosionen und schwirrenden Kugeln ausweicht; daß ihr Leben dabei nie ernstlich in Gefahr zu sein scheint, kann nur vorwerfen, wer auch die jüngeren Lara-Croft-Spiele in einem Zug durchgespielt hat, so daß er nie verstand, daß auch die hier am Ende paraphrasierte, mit "Game over. Play again?" verheißene ewige Reinkarnation und Unsterblichkeit Spannung bedeuten konnte.

So legt sich Jolie mit Steingolems, Killerrobotern und gefälschten englischen Akzenten an, und obwohl auch dem von angeblichen Nacktcheats verrückt gewordenen Fan bald klar ist, daß diese Frau - ähnlich wie James Bond - selbst das Jüngste Gericht schlimmstenfalls mit einer gesprungenen Lippe überleben würde, entsteht beim Zuschauer nicht nur Spannung und Mitgefühl, sondern schiere Freude ob der rasanten, tricktechnisch ordentlichen, übersichtlich gefilmten und mit treibender Musik versehenen Action, aus der das durchtrainierte Voight-Engelchen stets siegreich hervorgeht. Bis auf den hier leider etwas zu seltenen Humor reicht Tomb Raider in diesen Szenen durchaus an Joseph McGinty Nichols Charlie's Angels heran, in dem nichts vergnüglicher war, als Drew Barrymore, Cameron Diaz und Lucy Liu beim Verdreschen der zahllosen Finsterlinge begeistert anzufeuern. Und so wie Charlie's Angels versagt, wenn man ihn, ganz im Gegensatz zu McG, ernst nehmen will, versagt auch Tomb Raider, wenn man ihn, fast ganz im Gegensatz zu Simon West, für bare Münze nimmt - es gibt keine Archäologinnen, die gleichzeitig attraktiv, intelligent, sportlich, reich, humorvoll, herzensgut und nahezu unverwundbar sind. Aber es gibt jetzt einen spaßig-mitreißenden, gelegentlich etwas holprigen, aber alles in allem stimmigen Film über eine von ihnen.

***von 5 Sternen.

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