Kritik:
Beim
nachträglichen Ansehen sogenannter "Kultfilme" werde
ich immer wieder überrascht. Entweder hat der Film
seinen Status aufgrund einer originellen Story und toller
Schauspieler tatsächlich verdient, oder er ist so
schlecht, daß es mir schleierhaft ist, wie ein so
abgedroschener Film so berühmt werden konnte. Thelma
& Louise gehört leider zur zweiten
Kategorie.
Ridley
Scotts großer Ruhm gründet sich im Wesentlichen
auf zwei fulminante Filme, die ein ganzes Genre inspirierten
und revolutionierten: Alien und Blade
Runner. Leider aber ist der gute Ridley auf der Erde bei
weitem nicht so stilsicher wie im Weltall und legt nur
reaktionären Mist wie White Squall,
hölzerne Schinken wie Gladiator oder eben das
unverständlicherweise überall bejubelte Thelma
& Louise hin.
Die guten
Dinge an diesem Film sind schnell aufgezählt: die
schönen Naturaufnahmen und Geena Davis. Auf der
Negativseite stehen die unpassende und zusammengeklaute
Country-Musik, die langweiligen und gedehnten Autoaufnahmen,
die Pappendeckel-Dialoge und die nicht überzeugenden
Schauspieler. Am allerschlimmsten aber ist die absurde
Story, die den Film von vornherein buchstäblich in den
Abgrund fährt: in einer unglaublich unerträglich
klischeehaften, schwarzweißen Welt voller Männer,
die ausnahmslos entweder schwanzgesteuerte Vergewaltiger,
betrügerische Diebe, schmierige Schleimer oder
tyrannische Pantoffelmachos sind, brechen die rothaarigen
Freundinnen Thelma (die miserable Synchronisation, die unter
anderem Brad Pitt mit einer Babystimme abspeist, bricht sich
am "th" regelmäßig alle Zähne aus - von
"Selma" über "Sselma" bis zu "Telma" und "Zelma"
ist alles zu hören) und Louise zu einem
Wochenendausflug auf. Nachdem Louise in Erinnerung an
frühere negative Erlebnisse - Freunde der
"einleuchtenden" Third-Hand-Psychologie aufgepaßt -
einen brutalen Vergewaltiger erschossen hat, müssen die
beiden fliehen und Raubüberfälle begehen,
daß die Feministinnen nur so jauchzen. Zwischendurch
darf Brad Pitt als Kleingangster noch für Aufregung
sorgen, die ansonsten gezielt durch Gruseldialoge der Marke
"Tote Eiche" - hölzern, hohl und verrottet -
unterdrückt wird. Einzig Harvey Keitels angebliches
Verständnis für die so von den bösen
Männern gebeutelte Louise - "Wieviel Gewalt muß
dieser Frau noch angetan werden, schnüff?" - sorgt
für gelegentliche zynische Lacher in der hoffnungslos
überlangen
Wir-hauen-ab-und-fahren-dabei-durch-mindestens-35-Bundesstaaten-Story,
die ohne Verluste um mindestens zwei Drittel hätte
gekürzt werden können - wer will immer nochmal
sehen, wie die zwei Grazien mit Pistolen fuchteln oder
sexistische Trucker überholen? Wenn die Schauspieler
wenigstens gut wären: aber Susan Sarandons Leistung
läßt sich getrost mit "aufgerissene
Augen" zusammenfassen, Harvey Keitel ist notorisch
unterfordert, und Brad Pitt ist nur dekoratives Beiwerk.
Einzig Geena Davis verströmt so etwas wie Spielfreude,
was Thelma & Louise aber auch nicht mehr
hilft.
Denn wenn
es nur bei diesen Fehlern geblieben wäre, könnte
man Thelma & Louise getrost als
sterbenslangweiliges Möchtegern-Roadmovie abtun. Aber
Ridley Scotts Machwerk will ja unbedingt auch ein
feministisches Befreiungswerk sein und zeigt daher in einer
die Intelligenz von Männern wie Frauen
gleichermaßen unerhört beleidigenden Weise,
daß sich Frauen von ihren ohne Ausnahme
bösartigen und triebgesteuerten Unterdrückern nur
mit viel Alkohol und dicken Kanonen wirklich befreien
können. Daß auch noch soviele Feministinnen,
Suffragetten und Pseudo-Amazonen auf Ridleys "Schwanz
ab!"-Zug aufgesprungen sind, dieselben Personen, die in
anderen Filmen zurecht jedes noch so kleine weibliche
Klischee anprangern, wirft ein bezeichnendes Licht auf
die Weltsicht dieser Menschen und läßt Thelma
& Louise als das dastehen, was es ist: ein
erzlangweiliges, nach außen progressiv-frisches, im
Herzen propagandistisch-reaktionäres
Zeitgeistanbiederungsmachwerk eines Regisseurs, dessen gute
Tage schon lange vorbei sind.
1/2 von 5 Sternen.
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