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Moulin Rouge!

-- Gichi gichi ya ya za za --

Szene aus Moulin Rouge!

Info über Moulin Rouge! (AUS 2001)

Regie: Baz Luhrmann

Darsteller: Nicole Kidman, Ewan McGregor, Jim Broadbent, Richard Roxburgh, John Leguizamo, Kylie Minogue

Inhalt: Inhalt: Ein mittelloser Dichter und eine Edelkurtisane verlieben sich ineinander.

Kritik: Es gibt, schmerzlich und verschlungen sind die Wege dieser Erkenntnis, keine Liebe mehr unter den Menschen. Für einen wie Baz Luhrmann, der durch Romeo + Juliet genanntes nekrophil-makabres Spiel mit William Shakespeares wehrlosem Werk und Skelett bekannt wurde, ein unerträglicher Zustand, weshalb er, dem Brüllen des brünstigen Hirsches mehr verbunden als dem Schweigen des Gentlemans, sich anschickte, gemeinsam mit seiner Lebensabschnittspartnerin und Kostümbildnerin Catherine Martin den ultimativen Liebesfilm zu schaffen, die letztgültige Romanze, Adam und Eva am Ende aller Zeiten. Mit Ausrufezeichen und selbst durchgeführter Filminterpretation, so kategorisch, daß sie zweimal wiederholt werden muß: "...but above all, this is a story about love". Keine Widerworte!

Seltsam nur, und wieder soit honi qui mal y pense, daß Luhrmann die Liebe nur dort zu finden meint, wo sie gekauft wird wie Schmuck und Kartoffeln, kreischend feilgeboten wird wie auf dem Wochenmarkt: im legendären Pariser Nachtclub "Moulin Rouge". Die gute Hure, die ewig tränendrückende Wiedergängerin der Filmgeschichte, feiert Urstände, und an der Spitze aller neuen Irmas marschiert Nicole Kidman, aus voller Kehle singend, zwar nicht besonders gut, aber dafür besonders laut. Bei soviel Herzensgüte kann natürlich auch der Chefzuhälter und Clubleiter Zidler, von Jim Broadbent berauschend tonnenbäuchig-zirkusdirektorpräsent gegeben, nicht zurückstehen und behandelt seine Mädchen, als wären sie seine leibhaftigen Töchter statt seiner Untergebenen. Kein Wunder, daß die Mühle so zum beliebtesten Treff der feinen Pariser Gesellschaft avanciert, die zu mehr oder weniger gelungenen Christina Aguilera-, Queen- und Madonna-Medleys und -Remixes die bunten Röcke, Bilder und Töne in einem so furiosen Tempo wirbeln läßt, daß der Zuschauer von Kopfschmerzen so schwindlig wie von Begeisterung trunken wird.

Trunken ist das Stichwort für Ewan "Jedizopf" McGregor, der auf der Suche nach Liebe nach seiner Ankunft in einer heruntergekommenen Montmartrer Mansarde zuerst einige durch seine Zimmerdecke brechende Bohemiens kennenlernt, die er mit einem John Lennon-Zitat bezaubert, dann die Bekanntschaft der von der koboldkleinen Kylie Minogue unerwartet selbstironisch gespielten Grünen Absinthfee macht und schließlich in einem Rausch aus Bildern und Musik in den "Moulin Rouge" gerät, wo er mit der blass-schlappen Gary-Oldman-Karikatur Richard Roxburgh verwechselt wird, was ihm eine Nacht mit Nicole Kidman einbringt. Allein, außer der wirklichweltlichen angeblichen Zerstörung der Rock-Hudson-Gedächtnis-Ehe Kidman/Cruise passiert im Gefolge der ersten Begegnung McGregors mit Kidman bis auf einen gelungenen dirty talk-Ulk und eine seltsamerweise an Der Schuh des Manitu erinnernde Revueszene leider nichts, was auch ein im Keller angeketteter Kaspar Hauser nicht schon hundertmal besser gesehen hätte: die altbekannte Troika Schmachten, Plärren, Knutschen kann auch ein sympathisch grinsender (aber allzu lauthals-penetrant Popsongs zitierender) Ewan McGregor selbst dann nicht überraschend und neu machen, wenn sie auf dem Rücken eines glitzernden Wohnelefanten spielt, Bluthusten kann auch eine Nicole Kidman nicht interessant wirken lassen, wenn er sich auf ästhetisch-verlogenes Sprühen feinster roter Tröpfchen in seidene Spitzentaschentücher beschränkt, und einen Film, der schon in seiner ersten Minute seinen Clou, sein Ende, sein eigentliches Signifikans verrät, kann auch ein im Ansatz einfallsreicher, aber kitschbesoffener Hans-Guck-in-die-Luft-Regisseur wie Luhrmann nicht retten.

So gibt sich, fünf Akte sollt ihr spielen, eins zum anderen, der rasanten und hervorragend opulent-eruptiven Exposition und der vorhersehbaren Peripetie folgen in einem Tsunami aus Tränen die klischeehaft-pseudobrutale Retardierung mit ästhetisiert-verharmlosten Prügeln und die luxuriös ausstaffierte Katastrophe, die allen beteiligten Künstlern einen letzten Energieausbruch abverlangt, den Luhrmann aus Angst vor seiner eigenen Courage aber teilweise kastriert, um doch noch möglichst sanft dorthin zu gleiten, wo er schon am Anfang war. So endet Moulin Rouge! nicht mit einer durch filmischen Rückenwind vorangetriebenen Himmel- oder Höllenfahrt in den Sonnenuntergang, sondern wie ein Segelschiff nach einem (Bilder-)Sturm. Ohne Masten. In der Flaute.

**1/2 von 5 Sternen.

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