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The Lord of the Rings: The Two Towers

-- We loves it, we hates it --

Szene aus The Lord of the Rings: The Two Towers

Info über The Lord of the Rings: The Two Towers (NZ 2002)

Regie: Peter Jackson

Darsteller: Viggo Mortensen, Orlando Bloom, John Rhys-Davies, Ian McKellen, Elijah Wood, Sean Astin

Inhalt: Frodo geht mit Gollum, Merry mit Treebeard und Aragorn mit Théoden der Dunkelheit entgegen.

Kritik: In dieser Zeit, in der statt wahrer Emotion, wirklichem Mitgefühl und echtem Edelmut allüberall nur deren Schatten, Fratzen und Zerrbilder Geistern gleich durch die Lande streifen, mithin also nicht mehr selbst gelebt, sondern nur noch passiv vegetiert wird, nur noch das Fernsehen künstlichen, giftigen Odem in die Welt haucht, ist es an neuen Helden, den erstickenden, erdrückenden Schleier der Emotionen aus zweiter Hand zu zerreißen und sich selbst und allen seinen Nächsten wieder pulsierendes, lebendiges Gefühl einzugeben. Peter Jackson, der beständig barfuß erdverbundene Filmregisseur, schien wie so ein strahlender Titan, als er letztes Jahr mit seinem famosen und bewegenden The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring die falschen Popcorn-Emotionen nicht nur energisch beiseitewischte, sondern gleich für alle Zeit zu pulverisieren schien.

Aber der fühllose, tausendarmige Krake war nicht besiegt, nur für einen kurzen Moment betäubt: in diesem Jahr kehrt er mit Macht und Wut zurück und nimmt nicht nur den ohnehin laufend luftarmen Stechpalmenwald erneut in seinen erbarmungslosen Würgegriff, sondern auch Peter Jackson und den zweiten Teil seines Mammutprojektes, The Lord of the Rings: The Two Towers, der sich sichtlich verzweifelt windet und mit aller Kraft kämpft, aber letztlich doch auch nur unter dem Schleier versinkt wie ein beliebiger, grauer Hollywoodfilm, dem Zuschauer zum zornigen und nachhaltigen Verdruß. Kehren wir auf das aufgewühlte Schlachtfeld zurück und folgen langsam den Spuren des Kampfes, um zu erkennen, wie es zu dieser bitteren, traurigen Niederlage an derselben Stelle kam, an der sich doch der Vorgänger nur ein Jahr zuvor so erfolgreich und vernichtend schlug.

Howard Shores diesmal etwas recycelt anmutenden Weisen also heben an, und Peter Jacksons weiterhin fähiges Kameraauge Andrew Lesnie führt uns über die einst vom Satan Melkor errichteten, schneebedeckten Hithaeglir, schnell in sie hinein und zurück zu Gandalfs des Grauen todesmutigem Kampf gegen den Feuerdämon von Khazad-dûm auf Durins dünner Brücke. Gandalf zerstört die Brücke und stürzt mit dem Balrog in den bodenlosen Abgrund, um ihn in der namenlosen Tiefe zu schlagen, und als er mit dem brennenden Ungeheuer aus einer Öffnung in der Decke einer gewaltigen Kaverne fällt, scheinbar nur zeitlupenlangsam, da das Auge Meilen entfernt sein muß, ist man zu Anfang wie schon zu Beginn des ersten Teils wahrhaft überwältigt und harrt gespannt und freudig der weiteren Abenteuer, die kommen mögen.

Frodos Abenteuer zum Beispiel. Der von Elijah Wood diesmal etwas schwächer dargestellte Hobbit und sein treuer Gärtner Sam, den Sean Astin unerwartet weit besser und liebenswerter als im ersten Teil gibt, irren seit dem Auseinanderbrechen der Ringgemeinschaft in den tückischen Emyn Muil herum, bis sie den sie bereits seit einiger Zeit verfolgenden Ringjunkie Gollum festnehmen und überreden können, ihnen den Weg zu weisen.
Dieser Gollum, eine wie Jar Jar Binks oder Dobby komplett computergenerierte und von Andy Serkis wunderbar mit einer Stimme ausgestattete Figur, ist es auch, der nicht nur die beiden Hobbits, sondern auch den Zuschauer weiter dem Licht entgegen führt: herrliche, überzeugend gruselige Gesichts- und Körperanimationen bringen den schizophrenen und schuldbeladenen Charakter in mehreren gelungenen Szenen so furchterregend nahe, bis er fast lebendiger als die realen Schauspieler scheint - ein trauriger Treppenwitz, wie man noch im Folgenden ersehen wird.

Von Frodo und Sam geht es zu den von Uruk-hai entführten Merry und Pippin und ihren Verfolgern und Freunden Aragorn, Legolas und Gimli, die zu Fuß durch die atemberaubende, hier aber etwas zu hügelige Prärie Rohans jagen. Wie sie rennen, so spielen sie auch: Viggo Mortensen als Aragorn voran, als zukünftiger König schon jetzt bestechend präsent, einmalig willensstark und ein tödlicher, grimmiger Kämpfer; nur knapp dahinter Orlando Bloom als Legolas, elegant, humorvoll und im Kampf wie ein giftiger Pfeil; mit einigem Abstand aber, wofür er selbst jedoch am wenigsten kann, John Rhys-Davies als Gimli, der hier für anfangs erträgliche, zunehmend aber ärgerliche, zweitklassige Scherze und Possen mißbraucht wird, die aufkeimende, ernsthafte Stimmung zuverlässig ins Lächerliche verzerren oder gleich ganz zerstören, als wäre heutigem Publikum emotional und intellektuell kein ungebrochen einheitliches Ambiente mehr zuzumuten.

Nach allzu kurzer Konversation mit Éomer (Karl Urban), dem Neffen des Königs von Rohan, und seinen Reitern machen sich die drei Gefährten zu der Stelle auf, an der Éomers Leute die Uruks geschlagen und verbrannt haben, um nach Überresten der totgeglaubten Hobbits zu suchen. Diese aber, auch diesmal auf ähnlich durchschnittlichem Niveau wie im ersten Teil agierend, haben sich längst in die Bluebox begeben, um kreuzlangweilige, dem Buch diametral widersprechend hastige und mitunter sogar zutiefst unlogische Szenen mit Ents zu drehen, die aussehen, als hätte die hoffnungsloseste und unbegabteste Klasse einer Filmschule sich an Stop-Motion-Animation versucht, allerdings mit der Technik von King Kong. Daher werde ich davon - wie Gandalf von den Tiefen Khazad-dûms - keinen weiteren Bericht erstatten, um das Licht des Tages nicht zu verdunkeln.

Nämlicher Gandalf nun kehrt "at the turn of the tide" zur Gemeinschaft zurück, und wie die Gefährten schöpft auch der Zuschauer neue Hoffnung: wie immer, wenn Ian McKellen zu sehen ist, leuchtet die Leinwand in seiner Ausstrahlung und Schauspielkunst, und frohen Mutes stellt man sich an seine starke Seite und sieht ihm zu, wie er sein Pferd Shadowfax pfeifend herbeiruft.
Mit dem Meara aber kommt gleich der nächste Dämpfer für den Buchkenner: statt eines majestätisch kräftigen, riesengroßen, blitzschnellen und silbergrauen Pferdes trabt ein mehr als gewöhnlicher Schimmel heran, der so auch gut in Ridley Scotts Filme Legend oder Blade Runner passen könnte.

Enttäuschend und mickrig wie Gandalfs Pferd gestaltet sich auch die Ankunft in Rohans Hauptort Edoras, das hier angesichts der sonstigen luxuriösen Kulissen unverständlicherweise nicht wie eine beeindruckende Kapitale, sondern wie ein trauriger Slum wirkt. Statt in einer wahren Goldenen Halle residiert so auch König Théoden (ein zu zaghaft eingesetzter Bernard Hill) nur in einem besseren Geräteschuppen, und selbst seine von Miranda Otto allzu stupsnasig und sommersprossig gegebene Nichte Éowyn sieht nicht wie eine königliche Prinzessin, sondern wie eine kleine Landadelige aus. Einzig Brad Dourif als schlangenzüngiger Gríma erfüllt die in ihn gesetzten Erwartungen, obwohl auch er in The Lord of the Rings: The Two Towers weit weniger tun darf als im Buch: hier erliegt Théoden nicht seinen Einflüsterungen, sondern einer Dämonenbesessenheit durch den überbeschäftigten Saruman, die Gandalf folgerichtig in einer hochnotpeinlichen Holzhammerszene exorzieren darf, als wäre er an Linda Blairs Bett oder in einem B-Film, nicht aber in einer als buchtreu beworbenen und zumindest im ersten Teil mit Mut zur Subtilität und Nuance gedrehten Tolkien-Verfilmung.

Es sei wie es sei, Théoden genest in Rekordzeit ohne sichtbare Nachwirkungen und führt sein Volk zum Kampf mit Saruman in die mächtige Hornburg nach Helm's Deep, nicht ohne ein weiteres überflüssiges Plotkonstrukt in Form eines Angriffs auf Wargs (böse CGI-Wölfe, die hier aber eher wie Säbelzahntiger aussehen) reitender Orks abwehren zu müssen, wobei der arme Aragorn gezwungen wird, auf durchsichtige Weise zur Pseudo-Spannungssteigerung beizutragen. Währenddessen unterhält sich die hier wie eine saure Milch gebende Kuh aussehende Liv Tyler als Arwen mit ihrem Vater Elrond (Hugo Weaving etwas einsilbig) in schmerzhaft langweiligen Dialogen, und Frodo und Sam geraten in die Hände eines bösartigen und kleingeistigen Menschen (David Wenham), der Faramir heißt, sonst aber nichts mit dem gleichnamigen Charakter aus der Vorlage gemein hat; aber schließlich sind alle diese Torturen mehr oder weniger glücklich überstanden, und gemeinsam mit Aragorn steht man endlich auf der Zinne der Hornburg und wartet wieder wirklich und richtig wie Legolas' Bogen gespannt auf das Anbranden der zehntausend überzeugend und bombastisch am Computer erschaffenen Uruks Sarumans.

Die Schlacht beginnt, hält an und endet, und trotz mancher Ungenauigkeit, Schlampigkeit, Widersprüchlichkeit und Peinlichkeit hält sie im Großen und Ganzen auch, was sie verspricht, reiht sich mühelos zu den erinnerungswürdigsten und umwerfendsten Sequenzen dieses Kinojahres, und daher soll auch von ihr hier nicht Weiteres berichtet werden, als daß sie die eigene Anschauung sicher lohnt.
Nicht aber das, was sich zur selben Zeit gut vierhundert Meilen südöstlich im zerstörten Osgiliath abspielt, in das "Faramir" Frodo und Sam widerbuchlich verschleppt hat: Elijah Wood bedroht unter dem Einfluß des Einen Ringes nicht nur Sean Astin mit dem Tode, woraufhin dieser eine hurrapatriotische und akut klischeehafte George-W.-Bush-Durchhalterede zum Besten gibt, sondern bringt durch eine andere Aktion auch die Trilogie zu ihrem jähen Ende - jedenfalls dann, wenn Peter Jackson und seine Drehbuchautoren an jener Stelle nicht nur auf billige Schauwerte, sondern auch auf die Kontinuität und Fragilität der ihnen anvertrauten Geschichte Wert legen würden. Aber so kulminiert hier nur, was sich bereits den gesamten Film über mehr oder weniger unangenehm angedeutet hat, und über Mittelerde legt sich endgültig die stumpfe Dunkelheit einer Wolke aus Popcorn-Szenen und Nacho-Emotionen. Bleibt zu wünschen, daß die Kräfte des Guten diese Wolke im dritten Teil fortzublasen vermögen, vom Film, vom Zuschauer und nicht zuletzt von sich selbst. Gibt es immer noch Hoffnung? Arwens Wort in Aragorns und Peter Jacksons Ohr!

***1/2 von 5 Sternen.

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