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Kiss of the Dragon

-- Kiss logic goodbye --

Szene aus Kiss of the Dragon

Info über Kiss of the Dragon (USA 2001)

Regie: Chris Nahon

Darsteller: Jet Li, Tchéky Karyo, Bridget Fonda, Ric Young, Burt Kwouk, Laurence Ashley

Inhalt: Ein chinesischer Polizist gerät in Paris in eine tödliche Verschwörung.

Kritik: Zu Fasching, der fürchterlichen fünften Jahreszeit, kommen bisweilen selbst entschlossen schunkelresistente, südlich des Kölschäquators lebende Zeitgenossen wie ich unfreiwillig in Kontakt mit den Adepten des verordneten Frohsinns, einst etwa beim arglosen Warten auf unpünktlich-uhrlose Freunde: ein Mann (wenn man ihn so nennen kann) trat aus dem Dunkel, gewandet in nicht mehr als eine übergroße Windel um seine Lenden und einen Latz auf seiner haarigen Affenbrust. Mit einem blauen Schnuller im Mund breit grinsend, schritt der Humorzombie am Wartenden vorbei, zurück ins Schwarze, zu seinen dunklen Geschäften.

Ungefähr wie ein übergroßes Baby wird sich auch jeder deutsche Zuschauer nach dem Genuß von Chris Nahons Martial-Arts-Streifen Kiss of the Dragon fühlen: die nimmermüden, endlos fürsorglichen Zensurbehörden haben im steten Bemühen, auch den erwachsenen Bürger möglichst vollständig zu entmündigen, so fleißig zur Schere gegriffen, daß die traurigen Reste getrost für die nächste Bastelstunde im Kindergarten verwendet werden könnten - der logisch ohnehin allzu brüchige Film verliert durch die wilde Schnippelei fast sein einzig richtig funktionierendes Glied, die krachige Klopp-Action.

Zum Glück aber nur fast, und das bleibt nicht den dressierten, mit Scheren bewaffneten Koboldmakis der Zensurbehörden zu verdanken, sondern, ohne Reihenfolge, Jet Li, Tchéky Karyo, Bridget Fonda, und, tatsächlich, Luc Bessons wirrem Skript. Selbiges ist nämlich so voller haarsträubender Präpotenz (offenbar darf die Pariser Polizei im Zuge ihrer Ermittlungen und Verbrecherjagden so viele Zivilisten töten, wie Kugeln in ein Magazin passen, ohne je Konsequenzen fürchten zu müssen), unerklärten Wendungen (warum genau hat der nachnamen- (oder vornamen)lose Inspektor Richard den bösen Plan nun eigentlich ersonnen?) und Klischees aus dem Sonderangebot (die gute Hure, Feindschaft, die sich in Freundschaft wandelt, einer gegen alle...), daß man sich bereits nach wenigen Minuten entspannt zurücklehnen und statt den Wendungen einer komplizierten Story genüßlich dem Bügeleisen folgen kann, das Jet Li seinen Verfolgern nachwirft.

Der mimisch gekonnt sparsame (oder nur unbegabte...) Li macht auch im Folgenden Freude, wenn er an schönen Pariser Schauplätzen blitzschnell Kugeln ausweicht, reihenweise Bösewichte in die Seine tritt oder akrobatisch dem Tod von der Schippe springt. Die Kamera des weiter genialen Thierry Arbogast behält immer die Übersicht, die Soundeffekte lassen den Saal vibrieren, und die rasante Choreographie macht blutig spürbar, daß der gute Li wirklich in akuter Gefahr schwebt.
In Ermangelung der an den langen Fingern der Makis haftenden Kampfszenen erkennt der deutsche Zuschauer Lis brenzlige Situation vorzugsweise an den Grimassen des Hobbybösewichts Tchéky Karyo, der sich als korrupter Inspektor mit intensivem Spiel erfolgreich anstrengt, um von allen Filmfiguren und Zuschauern gleichermaßen mit Freuden gehaßt zu werden. Unter anderem entführt er (Punkt 8 der So-werde-ich-ein-Bösewicht-Checkliste) ein kleines Mädchen, um dessen drogensüchtige, sich prostituierende Mutter zu erpressen, womit wir nach den anderen sympathischen Akteuren und den gelungenen künstlerischen Leistungen endlich bei Bridget Fonda wären, die im roten Hurenmäntelchen mit zwei Tüten Krabbenchips in den Händen im Verbund mit Li für humorvoll zärtlich-leichte, zwischenmenschliche Chemie und einige rührende Szenen sorgt. Wenn Li, ganz asiatischer Gentleman, sichtlich erschrocken Fonda daran hindert, ungeniert in seinen Türrahmen zu pinkeln und sie stattdessen höflich auf seine Toilette läßt, entschädigt das auch das deutsche (Un)mündel für die gegen Ende doch allzu linear-unglaubwürdigen Kämpfe und den hierzulande fehlenden, brutal-finalen Kuss des Drachens. Am Schluß bleibt so auch kein Ärger, sondern diffuses Wohlsein, das freilich bald vergangen ist. Über sich selbst hinaus reicht Kiss of the Dragon nämlich nicht, aber für einen vergnüglichen Martial-Arts-Abend zur Einstimmung auf eine heroische Kung-Fu-Schlacht mit den bewaffneten Lemuren ist Chris Nahons Film allemal gut genug.

***1/2 von 5 Sternen.

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