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Planet of the Apes

-- Primativ --

Szene aus Planet of the Apes

Info über Planet of the Apes (USA 2001)

Regie: Tim Burton

Darsteller: Mark Wahlberg, Tim Roth, Michael Clarke Duncan, Helena Bonham Carter, Paul Giamatti, Estella Warren

Inhalt: Ein Captain der US Air Force strandet auf einem fremden Planeten, der von übergroßen Affen brutal regiert wird.

Kritik: Tim Burton, der Mann, der uns gezeigt hat, daß in einer ihre Bewohner zerdrückenden Stadt wie Gotham derjenige noch am normalsten ist, der im Fledermauskostüm durch die Nacht gleitet; William Broyles Jr., der trotz aller FedEx-erei in einem halben Dixi-Häuschen Tom Hanks' Rettung fand; Philippe Rousselot, der Isabelle Adjanis Schönheit in der blutigen Nacht zum 24. August 1572 unvergeßlich gekonnt einfing; und Danny "The Dark Elf"-man, der Meister unvergleichlich eingängig-cleverer Melodien. Daß Planet of the Apes trotz der wunderbaren Vorleistungen der genannten Künstler nachgerade zu einem tosenden Untergang mit fliegenden Fahnen wird, ist bisweilen so schwer zu fassen, daß man sich vor Schmerz wild auf die Brust hämmern und wie ein Brüllaffe röhren will. Ausnahmsweise helfen hier muskulöse und intolerante Nebensitzer, einen solchen Eklat zu vermeiden.

Allein, ob man die Leinwand anbrüllt oder nicht, Planet of the Apes wendet und wendet sich nicht zum Besseren, wird im Verlauf immer schlimmer und endet schließlich mit einem halbherzigen Nicht-Showdown und einer Pointe, die sich in den Rest des Films so fügt wie Schwarzenegger in eine Hamlet-Verfilmung. Es ist zum Verzweifeln, und wäre man der emotional sensibelste Mann der Welt wie Brendan Fraser in Bedazzled, nichts hielte einen davon ab, endlose Ströme heißer Tränen in den Kinoboden sickern zu lassen, auf daß aus ihm Ranken wüchsen und den Blick auf Burtons Bilder endlich versperrten.

Alles fängt mit der leicht absurden, aber immerhin noch halbwegs glaubhaften Vorstellung an, daß genmanipulierte Affen in Zukunft Weltraumkapseln steuern können. Der Schimpanse Pericles erweist sich als (einigermaßen) fähig und wird von der Besatzung der Raumstation Oberon ausgeschickt, um einen elektromagnetischen Sturm im All zu erforschen. Als Pericles nicht zurückkehrt, begeht sein Herrchen, Captain Leo Davidson, Befehlsverweigerung, stiehlt eine der Kapseln und bricht in den Sturm auf, um seinen "Freund" wiederzufinden, und trotz famoser Effekte, schöner Sets und bombastischer Space-Opera-Musik kullert schon hier, kaum zehn Minuten nach dem Verblassen der Anfangscredits, auch aus dem Auge des unsensibelsten Kritikers eine dicke Träne. Mark Wahlberg stapft, als hätte es nie Boogie Nights gegeben, so präpotent-maskengesichtig und mit so abgehackten Bewegungen durch den Film, als gälte es, zuerst in Unterhosen auf und nachher ohne Unterhosen hinter der Bühne Marky Mark auferstehen zu lassen wie einen fürchterlichen Schatten aus der Vergangenheit. In keinem der dahingerotzten Sätze erfahren wir, warum das Versuchstier Pericles Davidson offenbar so wichtig ist, daß er, immerhin ein verdienter Captain, vor den Augen seiner Vorgesetzten Befehlsverweigerung begeht, warum Davidson im All arbeitet, was ihn mit den anderen Charakteren verbindet, geschweige denn, was ihn überhaupt bewegt und berührt.

Ehe sich der Zuschauer jedoch länger mit solchen scheinbar als zu gravitätisch empfundenen Gedanken herumschlagen muß, verschlägt es den wackeren Captain in einer lilastichigen Spezialeffektorgie in eine ferne Zukunft (blödsinnigerweise durch die Systemuhr der Kapsel angezeigt, als hätte diese einen eingebauten Fluxkompensator) und auf einen fremden Planeten, auf dem er so geschickt landet wie Luke Skywalker auf Dagobah. Indes, hier wartet kein freundlicher Yoda, sondern eine Horde überdimensionaler Affen, die Leo Davidson und weitere, verwilderte Menschen brutal festnimmt, und obwohl Rousselots Kamera manchmal arg unübersichtlich wackelt, scheint Planet of the Apes hier zu seinem Element zu finden: Rick Bakers Affenmasken gehen mit den inspirierten Schauspielleistungen selbst der kleinsten Schimpansen-Komparsen eine solch gelungene Verbindung ein, daß man ein ums andere Mal nur beglückt staunen kann. Die Menschen dagegen, und fast möchte man schon Absicht vermuten, spielen so aufgesetzt, steif und unnatürlich, daß man wie schon in The Jackal den Eindruck bekommt, es eigentlich mit zwei verschiedenen Filmen zu tun zu haben: Kris Kristofferson nimmt man den heldenhaften Ötzi ebensowenig ab wie Wahlberg die ungewollte Führungsrolle oder Estella Warren, daß sie überhaupt einen Fuß vor den anderen setzen kann, ohne hinzufallen.

Ach ja, Estella Warren, das Model, das zum Film ging: wie gerne erinnert sich der passionierte Kinogänger an Sternstunden wie Charlize Therons ersten Auftritt in 2 Days in the Valley, Imans lakonische Darstellung in Star Trek VI: The Undiscovered Country oder Milla Jovovichs "Multipass" in Luc Bessons ansonsten ärgerlichem The Fifth Element. Estella Warren jedoch schafft es mühelos, all diese schönen Erinnerungen sofort vergessen zu machen und stattdessen Bilder von Claudia Schiffers und Cindy Crawfords gruftdunklen Filmauftritten ins Leben zu rufen wie wiedergängerische Zombies. In fast zwei Stunden ändern sich weder der Ausdruck im pausbäckigen Puppengesicht noch die Stellung der vollen Lippen, die ständig ein lautloses "Ooooh, mein Nagel ist abgebrochen" zu formen scheinen, und man fragt sich, ob Estella Warren, statt zu atmen, einfach Luft in sich hinein- und aus sich herausströmen läßt wie ein Geißeltierchen, das Nahrung hinein- und herausstrudelt, wann immer es lustig ist. Dazu kommt ein Ich-Jane-Kostüm, das die einzigen Gründe, weshalb selbst der Casting-Couch-feindlichste Produzent die mondgesichtige Warren einstellen sollte, allzu züchtig verhüllt, und fertig ist die überflüssigste Kleiderständer-Nebenrolle seit den Tagen, als Affen und Menschen eins waren.

Was ein anderer Regisseur oder selbst ein besser aufgelegter Tim Burton aus der Romanvorlage und dem Filmklassiker, in denen es um Rassismus, Krieg und Vorurteile ging, hätten machen können, wird im Ansatz deutlich, als Davidson nach seiner Gefangennahme und Versklavung langsam erkennt, daß Menschen und Affen auf diesem Planeten lange nicht mehr eins sind: Paul Giamatti als meist gelungener comic-relief-Sidekick verhökert Wahlberg und Warren an die an gleichberechtigte Menschen und Affen glaubende Ari, während der skrupellose General Thade für seine Nichte ein blondes Menschenkind so zynisch ersteht wie wir einen Goldhamster zu Weihnachten. Unbeschreiblich ist die Freude, als der Zuschauer unter Aris Maske langsam die wunderbare Helena Bonham Carter entdeckt, und noch größer wird das Entzücken, als Ari bei einem festlichen Dinner mit Senator Sandar (David Warner) und Thade tatsächlich die mißliche Lage der unterdrückten Menschen anspricht und behauptet, auch diese hätten eine unsterbliche Seele.
Alle Freude und alles Entzücken weichen jedoch, als Thade, von Tim Roth bemerkenswert präsent und intensiv gegeben, in einer für den Film fast symptomatischen Szene die Diskussion dadurch beendet, daß er Davidson herbeizerrt, seinen Rachen wie den eines Gauls aufklappt und darin höhnisch nach einer Seele sucht, um Davidson und die Behauptung schließlich so brachial vom Tisch zu wischen, daß sich bis zum Ende des Films keiner mehr von letzterer zu reden traut, ganz so, als wären Gedankenansätze oder tiefsinnige Bemerkungen völlig unanständig. So verschenkt Tim Burton leichtfertig das ganze Potential seiner Geschichte, bis selbst Charlton Hestons Kurzauftritt und seine Schußwaffenkritik (!) wirkungslos verpuffen und der Zuschauer sich fragt, wann der obszönen Talentverschwendung endlich Einhalt geboten wird.

Leider nie. Mit der Hilfe Aris und ihres Adjutanten Krull (Cary-Hiroyuki Tagawa als äffisch-klischeehafter Obi-Wan) können Davidson und sein Gefolge entkommen und sich in der natürlich völlig unbewachten heiligsten aller heiligen Stätten der Affen verschanzen, in der die Kraft von Duracell ebenso eindrucksvoll unter Beweis gestellt wird wie das Loch in William Broyles Juniors Kopf. Auch die spannende Action, Philippe Rousselots packende Bilder, Danny Elfmans fesselnde Musik und Helena Bonham Carters sympathisch-liebevolle, Tim Roths kraftvolle und Michael Clarke Duncans wuchtige Darstellung als Colonel Attar, Thades rechte Hand, können nicht verhindern, daß sich das Publikum spätestens dann entsetzt an den Kopf faßt, wenn ein deus ex machina eine verfahrene Situation dadurch "löst", daß er überall Löcher im Plot klaffen läßt, die häßlichen Mäulern gleich jeden Rest von Logik verschlingen, um im endgültig haarsträubenden Finale zu gipfeln. Daß die Schlußpointe die des alten Films um jeden Preis übertrumpfen will und dabei doch nur zu einer lächerlichen Farce gerät, ist da nur folgerichtig. Vielleicht hätte Brüllen ja doch geholfen.

**von 5 Sternen.

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