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8 Mile

-- The Eminem Show --

Szene aus 8 Mile

Info über 8 Mile (USA 2002)

Regie: Curtis Hanson

Darsteller: Eminem, Kim Basinger, Brittany Murphy, Mekhi Phifer, Evan Jones, Eugene Byrd

Inhalt: Der Metallarbeiter Jimmy Smith kämpft sich als Rapper hoch.

Kritik: Das Dasein eines mehr oder weniger fleißigen Hobbykritikers ist, auch wenn es dem flüchtigen Betrachter so scheinen mag, nicht frei von Mühsal und Plackerei. Wer vermag die endlosen, sich wie rosa Kaugummi dehnenden Stunden zu ermessen, die es durch einen Britney-Spears-Film zu sitzen gilt, wer die Qualen, die Doris Dörries neueste Totgeburt über den wehrlosen Zuschauer bringt, und wer den endlos zuckrigen Schrecken, ein Shoujo-Anime anzusehen und nichts zu verstehen, weil man seit zehn Jahren der Zielgruppe entwachsen ist und obendrein seit Geburt falschen Geschlechts?
Auf der anderen Seite stehen die guten Filme dieser Welt, die man der lieben kritischen Objektivität willen geistig und körperlich stoisch wie eine Sphinx verfolgen sollte, auf jeden Fall aber ohne sichtbare äußere Regung. Was aber, wenn man sich selbst beim Juchzen und Johlen ertappt, wenn Aragorn Uruks und Anakin Geonosis-Fliegen den Kopf abschlägt, wenn Ali Foreman und Jack Rose flachlegt, und wenn schließlich Eminem als Rapper "Rabbit" seinem Kontrahenten eindrücklich zeigt, wo der Reimehammer hängt? Dann muß man sich quälen, das Schlechte zu suchen, die Dellen in der Perle, den Korkgeschmack im Château d'Yquem, kurz: das Häßliche in Heidi Klum. Man sieht also, es bleibt aus dem einen oder anderen Grund ein Kreuz, breit wie das einer chinesischen Olympiaschwimmerin.

8 Mile also, und Eminem als ideal besetzter Nachwuchsrapper steht vor dem schäbigen, zerbrochenen Spiegel der heruntergekommenen Toilette eines schummrigen Clubs in einem von Detroits vielen Ghettovierteln, sieht bleich und spitznasig aus traurigen blauen Augen hinein und versucht vergebens, seine Aufregung vor der anstehenden Rap-Battle zu bekämpfen, in der er allein unter Schwarzen bestehen muß. So sparsam und exakt wie Eminems Darstellung gestalten sich auch die gut ausgewählte Musik, die natürliche, dunkle Beleuchtung und Rodrigo Prietos atmosphärische Kamera, und unversehens ist man mitten in der sonst so unsichtbaren Armenwelt Amerikas, die der verdiente Regisseur Curtis Hanson und sein bisweilen allerdings etwas konfuser Autor Scott Silver überzeugend in Szene zu setzen wissen.

Aus dieser mehrheitlich schwarzen, aber auch vom verachteten "White Trash" bevölkerten Welt führen nur wenige, durch Rassismus der einen oder anderen Art erschwerte Wege, und so nimmt "Rabbit" nicht nur die Hilfe seines Freundes "Future" (ein cooler Mekhi Phifer), der ihn immer wieder zu Battles anmeldet, sondern auch die des windigen "Wink" (Eugene Byrd gekonnt schmierig) an, der ihm Studiozeit verschaffen will, um den großen Sprung mit seiner Musik zu wagen und zu schaffen. Bis dahin zieht der Arbeiter "Rabbit", der eigentlich Jimmy Smith heißt, nach der Trennung von seiner Freundin (Taryn Manning aus dem Britney Spears-Vehikel Crossroads) in den Wohnwagen seiner Mutter zurück, in dem diese mit ihrem neuen Freund, einem ehemaligen Schulfreund Jimmys, und Jimmys kleiner Schwester mehr schlecht als recht lebt. Kim Basinger als ambitionsloser, alkoholischer und bingosüchtiger Trailer-Trash ist eine so gelungene und realistische Schau wie die ungeschminkte und erschütternde Darstellung häuslicher Gewalt, Tristesse und Perspektivlosigkeit, aus der "Rabbit" und seine Freunde (neben Mekhi Phifer ein sympathisch tolpatschiger Evan Jones, Omar Benson Miller und De'Angelo Wilson) nur durch ihre hitzköpfigen, illegalen "Stunts" und ihre "wicked rhymes" entfliehen können, die hier schmissig und mitreißend zurecht zelebriert werden.

Bei der Arbeit lernt Jimmy die ununterbrochen sehr stoned, aber trotzdem oder eher gerade deswegen sehr sexy aussehende Alex (eine verführerische Brittany Murphy) kennen, die ihn zum weiteren Rappen und einigen Quickies ermuntert, bis er sie bei selbiger Beschäftigung mit einem anderen Mann erwischt, was schließlich für Jimmy und den Rivalen mit blutigen Nasen und blauen Augen endet. "Rabbit" aber kanalisiert seine Wut und seine Frustration in seine Reime und vermag so endlich im finalen Kampf des Films sein Lampenfieber und den umgekehrten Rassismus seiner Gegner zu überwinden und so clever wie lyrisch auf sie zurückzuschleudern, und die packende Inszenierung verleitet dazu, wie Eminems Publikum die "motherfucking" Hände in die Luft zu schleudern und den immer kreativen Rapper bis zu seinem Sieg anzufeuern. So haben Alex' Eskapaden doch noch ihr Gutes und bescheren nicht nur Jimmy, sondern auch dem Zuschauer ein furioses Ende eines denkwürdig und bedrückend wirklichkeitsnahen, meisterhaft in Szene gesetzten Musik- und Milieufilms, der nach Jahren voller Brüder und Schwestern im Geiste von Glitter wieder an unvergessene, kunstvoll in ihre Zeit gewobene Werke wie Saturday Night Fever anknüpft. Lose yourself in the music!

****von 5 Sternen.

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